Was bedeutet "auf den Privatklageweg verwiesen"?

Privatklage

Was bedeutet “Auf den Privatklageweg verwiesen” für den Beschuldigten?

Sie haben als Beschuldigter eines Ermittlungsverfahrens ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft erhalten, in dem steht, dass das gegen Sie geführte Verfahren auf den Privatklageweg verwiesen wurde? Dann können Sie erst einmal aufatmen – mit der allergrößten Wahrscheinlichkeit ist das Verfahren mit diesem Schreiben beendet, die Sache ist vorüber. Doch was genau bedeutet es, wenn der Staatsanwalt oder der Amtsanwalt das Verfahren auf den Privatklageweg verweist?

 

Grundsatz: Legalitätsprinzip

Im Strafverfahren gilt das "Legalitätsprinzip". Die Verfolgung von Straftaten ist Sache des Staates, die Aufgabe der Strafverfolgung kommt dem Staatsanwalt zu. Bei der Verfolgung von Straftaten hat der Staatsanwalt kein Ermessen: Liegt der Verdacht einer Straftat vor, muss der Staatsanwalt ein Ermittlungsverfahren einleiten und die Sache verfolgen. Das besagt das Legalitätsprinzip.

Von diesem Prinzip gibt es aber Ausnahmen, dazu zählen die sogenannten Privatklagedelikte. Bei diesen kann der Staatsanwalt auch entscheiden, dass er die Sache nicht verfolgen wird, sondern dass es dem Geschädigten selbst überlassen bleibt, ob dieser die Sache verfolgt oder nicht. Welches die Privatklagedelikte sind, ergibt sich aus § 374 StPO. Die praktisch wichtigsten sind:

  • die Beleidigung,
  • die Sachbeschädigung,
  • der Hausfriedensbruch,
  • die Körperverletzung,
  • die Nötigung und
  • die Bedrohung.

In der Praxis wird bei diesen Straftaten vor allem dann auf den Privatklageweg verwiesen, wenn es sich um weniger schwerwiegende Vorwürfe handelt oder um Vorwürfe, bei denen die Allgemeinheit kaum betroffen ist - zum Beispiel bei Beleidigungen zwischen Nachbarn. 

Was geschieht nach dem Verweis auf den Privatklageweg?

In fast allen Fällen ist ein Verfahren faktisch beendet, wenn es von der Staatsanwaltschaft auf den Privatklageweg verwiesen wurde. Denn das Privatklageverfahren ist umständlich und mit Kosten verbunden. Bei den Straftaten handelt es sich demgegenüber zumeist um Bagatellen. Deshalb meiden die meisten Geschädigten das Privatklageverfahren. Sie müssten, wenn sie Privatklage erheben wollen,

  • ein Schlichtungsverfahren anstrengen, erst wenn dieses scheitert, kann die Privatklage erhoben werden.
  • Die Klageschrift muss dann den Anforderungen des § 200 StPO genügen – da nicht jeder eine Anklageschrift verfassen kann, ist deshalb häufig die Einschaltung eines Anwalts unabdingbar.
  • Das bedeutet für den Geschädigten, dass er – jedenfalls erst einmal – Anwaltskosten zahlen muss.
  • Außerdem muss er bei Erhebung der Privatklage Sicherheit für die dem Beschuldigten voraussichtlich erwachsenden Kosten leisten – also Geld hinterlegen (§ 379 StPO).

Das ganze ist natürlich mit Risiken verbunden, denn der Kläger trägt die Beweislast. Wird der Beschuldigte freigesprochen, bleibt der Privatkläger auf den Kosten sitzen. Selbst wenn es gelingt, eine zulässige Klage zu erheben, kann das Gericht die Sache immer noch einstellen. Alles in allem ist das Verfahren so abschreckend, dass es kaum jemand durchführt. Als Rechtsanwalt für Strafrecht rate ich Geschädigten regelmäßig von der Erhebung der Privatklage ab.

Praktisch ist das Privatklageverfahren weitgehend bedeutungslos. 

 

Fazit: Privatklage? Die Sache ist erledigt.
Fast immer.

Wenn Sie also ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft erhalten haben, wonach das gegen Sie geführt Ermittlungsverfahren auf den Privatklageweg verwiesen wurde, können Sie in fast allen Fällen davon ausgehen, dass die Sache erledigt ist. Und selbst wenn der Geschädigte die Privatklage anstrengen sollte, ist damit natürlich noch nichts über den Ausgang des Verfahrens gesagt. 

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